Gedanken zum 2.Sonntag nach Ostern – 26.4.2020

Jesus Christus - der gute Hirte

Miserikordias Domini“ (nach Psalm 33,5 „Die Erde ist voll der Güte des Herrn“) heißt der 2.Sonntag nach Ostern, der auch „Hirtensonntag“ (nach der biblischen Lesung aus Johannes 10,11a.27-28a) genannt wird.

Jesus, der „Gute Hirte“, an den die Holzfigur in unserer Kirche erinnert, steht im Zentrum der Botschaft:

Christus spricht: Ich bin der gute Hirte. Meine Schafe hören meine Stimme, und ich kenne sie, und sie folgen mir; und ich gebe ihnen das ewige Leben.

Manchmal wünsche ich mir so einen Hirten: der für mich sorgt, der mir den rechten Weg zeigt und mich unbeschadet durch Gefahren führt, der meinen Durst nach Leben stillt und nach mir sucht, wenn ich verloren gehe.

Gerade in einer Zeit, die von „Corona“ überschattet, so viele Einschränkungen, aber auch Angst vor der ungewissen Zukunft mit sich bringt, sehne ich mich nach Geborgenheit und Wegweisung, nach Trost und Behütetsein, nach der Fülle des Lebens und nach einem, der zu mir steht und mit mir geht.

Wie ein guter Hirte ist Gott für uns da – mit seiner Fürsorge und Barmherzigkeit. Das bezeugt die Schrift; davon erzählen Menschen, die mit Gott durchs Leben gegangen sind; für diese Wahrheit hat Jesus gelebt, ist er gestorben, ist er durch den Tod in das neue Leben gegangen. Darauf können wir vertrauen, daran festhalten, wenn wir mit Worten des 23.Psalms beten.

Psalm 23

Gebet

Jesus Christus, du bist der gute Hirte. Du führst uns auf deinen Wegen und lässt es uns an nichts mangeln. Gib, dass wir auch in den schweren Zeiten auf deine Fürsorge vertrauen. Bewahre uns und alle Menschen. Halte uns in der Gemeinschaft mit dir. Und lass uns deine Güte erfahren.

Der du mit dem Vater und dem Heiligen Geist lebst und wirkst von Ewigkeit zu Ewigkeit. Amen.

Lesung aus Johannes 10,11-16.27-30

Das Evangelium bekennt Christus als den guten Hirten, der das, was verloren scheint, nicht aufgibt. Er gibt sein Leben für die, die ihm anver-traut sind. Jeder einzelne zählt. Der biblische Text warnt aber auch vor schlechten Hirten, die nur an ihr eigenes Wohl denken, bei Gefahr davonlaufen und das Schwache nicht stärken.

Predigttext aus 1.Petrus 2,21b-25

Denn dazu seid ihr berufen, da auch Christus gelitten hat für euch und euch ein Vorbild hinterlassen, dass ihr sollt nachfolgen seinen Fußstapfen; er, der keine Sünde getan hat und in dessen Mund sich kein Betrug fand; der, als er geschmäht wurde, die Schmähung nicht erwiderte, nicht drohte, als er litt, es aber dem anheimstellte, der gerecht richtet;

der unsre Sünden selbst hinaufgetragen hat an seinem Leibe auf das Holz, damit wir, den Sünden abgestorben, der Gerechtigkeit leben. Durch seine Wunden seid ihr heil geworden.

Denn ihr wart wie irrende Schafe; aber ihr seid nun umgekehrt zu dem Hirten und Bischof eurer Seelen.“

What would Jesus do?“ - unter diesem Thema hätte der Vorstellungs-gottesdienst unserer Konfirmandinnen und Konfirmanden am heutigen Sonntag gestanden. „Was würde Jesus tun?“ - an meiner Stelle, in meiner Situation, wenn er mein Leben leben würde. Oder anders gefragt: Wie kann ich mein Leben, mein Handeln, Reden und Denken mehr nach dem ausrichten, was Jesus gelehrt hat? Wie kann ich meinen Glauben als Christ

und Christin im Alltag leben?

Dazu haben sich unsere Konfirmandinnen und Konfirmanden Gedanken gemacht und es in ihrem Alltag ausprobiert. Ich hoffe und wünsche, dass sie an einem der kommenden Sonntage Gelegenheit haben, uns ihre Gedanken und Erfahrungen weiterzugeben und sich uns vorzustellen. (Auch wenn vorerst noch unklar ist, wann ihre Konfirmation stattfinden kann und wie wir in den nächsten Wochen Gottesdienste feiern können und dürfen.)

Als wir Anfang März, die Aufgaben für den Vorstellungsgottesdienst verteilten, wussten wir noch nicht, wie sehr sich unsere Welt durch den Coronavirus verändern würde. Niemand von uns erahnte damals, wie brisant unser Thema durch den Verlauf der Corona-Pandemie werden würde.

What would Jesus do? Was würde Jesus tun - heute an unserer Stelle? Welche Ratschläge würde er uns geben? Was können wir von ihm lernen – in Bezug auf Nächstenliebe und Rücksichtnahme, im Hinblick auf Vertrauen und Trost, auf Geduld, Gelassenheit und Zukunftshoffnung?

Auch der heutige Predigttext aus dem 1.Brief des Petrus führt uns ganz nah an dieses Thema heran. Er gibt eine Antwort auf die Frage: Wie soll ich mein Leben gestalten, wenn ich als Christin und Christ leben will?

1. Ihr sollt dem Vorbild Christi nachfolgen und in seinen Fußstapfen gehen

Die Jünger sind Jesus nachgefolgt. Sie haben es „live“ erlebt, wie Jesus gelebt, gesprochen und gehandelt hat. Sie haben miterlebt, was ihm wichtig gewesen ist, und konnten als Augenzeugen von ihm lernen. Am Ende der gemeinsamen Zeit gibt Jesus ihnen den Auftrag: Und nun geht in meiner Spur weiter hinaus in die Welt; bringt Menschen auf den Weg zu Gott; erzählt ihnen von dem, was ich euch beigebracht habe; und verliert dabei nicht aus dem Blick, dass ich mit meinem Geist bei euch bin.

Als der reiche junge Mann nach dem Weg fragt, der zu Gott führt, antwortet Jesus ihm: Willst du zu Gott finden und mit ihm leben, so halte die Gebote.

Was Jesus damit meint, hat er uns selbst vorbildlich vorgelebt und im Doppelgebot der Liebe zusammengefasst: Du sollst den Herrn, deinen

Gott, lieben von ganzem Herzen, von ganzer Seele und von ganzem Gemüt. Und: Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst.

Die Menschen, denen Jesus begegnet ist, haben diese Liebe in seinem

Reden und Tun erfahren: die Liebe zu Gott – die sich in der Liebe zum Nächsten erweist und darauf gegründet ist, dass Gott uns bedingungslos liebt und angenommen hat.

So beschreibt auch der Predigttext das Leben von Jesus: Er hat keine Sünde getan; aus seinem Mund ist keine Lüge gekommen; er hat niemanden in ein schlechtes Licht gestellt, niemanden bedroht, keine Rache genommen für das, was andere ihm angetan haben; er setzte nicht sein eigenes Recht durch, sondern überließ Gott das Urteil.

Diesen Fußspuren Jesu zu folgen, unser Leben so zu gestalten, wie er es vorgelebt hat, dazu sind auch wir heute berufen.

2. Bleibt auf dem Weg, auch wenn Euch die Fußstapfen eine Nummer zu groß erscheinen

Dass es nicht einfach ist, in den Fußstapfen eines anderen zu gehen, stellen wir fest, sobald wir es ausprobieren. Will man genau in der Spur einer Person laufen, die einem vorausgegangen ist, muss man nicht nur mit dem gleichen Fuß beginnen, sondern auch die Schrittlänge einhalten. Schwierig wird es, wenn die Spur des anderen gar nicht oder nur wage zu erkennen ist; wenn ich sie aus den Augen verliere oder wenn ich es einfach nicht schaffe, in seiner Spur zu bleiben. Auch die Fußstapfen Jesu sind keine einfachen. Schon die Jünger haben diese Erfahrung auf ihrem Weg mit Jesus gemacht.

Einer von ihnen war Simon Petrus. Wo immer sich um Jesus herum etwas Außergewöhnliches ereignete, war Petrus als begeisterter Nachfolger mit dabei. Er erkannte in Jesus den „Sohn des lebendigen Gottes“ und war bereit, alles für ihn zu geben und zu tun. „Herr, bist du es, so befiehl mir, zu dir zu kommen auf dem Wasser“, sagte er genauso, wie „Herr, warum kann ich dir diesmal nicht folgen? Ich will mein Leben für dich lassen“. Und trotzdem machte Petrus immer dann, wenn er felsenfest davon überzeugt war auf der richtigen Spur zu sein, die Erfahrung des Versagens. Was er für einfach hielt, erwies sich letzten Endes doch schwerer als erwartet.

Die ersten Christen in den neugegründeten Gemeinden teilten diese Erfahrungen des Petrus. Als sie wegen ihres Glaubens verfolgt wurden, stießen sie an ihre Grenzen. Sie merkten, wie schwer es ist, in der Spur

des Glaubens zu bleiben, vor allem dann, wenn das Leben auf dem Spiel steht. Der Petrusbrief will sie ermutigen; er richtet den Blick auf Jesus, der selbst leiden musste und doch Gott treu geblieben ist, der als Hirte bei uns ist.

Anders als die Christen damals sind wir heute nicht in der Gefahr, unser Leben zu verlieren, wenn wir Christus nachfolgen und unseren Glauben leben. Trotzdem merken auch wir, dass die Fußspuren Jesu oftmals eine Nummer zu groß für uns sind; dass es gar nicht so leicht ist, das zu tun, was Jesus getan hätte. Wie können wir in solchen Momenten in der richtigen Spur bleiben oder nach Umwegen wieder in die richtige Spur kommen?

3. Orientiert euch an Jesus Christus, der uns als Hirte und Bischof voraus-geht

Gerade in diesen Wochen, in denen Corona unseren Alltag und unsere Freizeit bestimmt, wird deutlich, dass wir einen langen Atem brauchen –eine große Ausdauer, aber auch Hoffnung und Kraft. Denn wir alle begreifen, so schnell wie der neuartige Virus zu uns gekommen ist und unser Leben überlagert hat, so schnell wird er nicht vergehen.

Obwohl uns die vergangenen Tage ein Stück Normalität zurückbringen sollten, war die Angst vor einer Ansteckung allgegenwärtig zu spüren. Auf den Straßen und in den Geschäften geht man lieber auf Distanz, vermeidet den Gruß, erledigt schnell, was zu tun ist. Viele tragen einen Atemschutz, der nur noch die Augen des Gegenübers erkennen lässt, das freundliche Sich-Zulächeln verbirgt und Menschen anonym macht.

Trotz der versprochenen Lockerungen brauchen die Familien weiterhin große Geduld: die Eltern, die im Home-Office ihre Kinder beschäftigen, versorgen und schulisch unterstützen müssen; die Geschwister, die nun auf engem Raum den ganzen Tag über miteinander auskommen müssen; die Schüler, die sich Tag für Tag Wissen aneignen und durch den Schulstoff arbeiten sollen, obwohl sich Ferienlaune breitmachen will.

Aber auch diejenigen, die unter der Einsamkeit leiden und auf sich gestellt

sind, oder diejenigen die ein großes Minus im Budget zu verkraften haben oder gar ihre Arbeit verlieren, und diejenigen, deren Gesundheit und Leben durch Corona gefährdet ist, weil sie zu den Risikopatienten gehören, sehnen sich nach einem Hoffnungsstrahl am Horizont.

Der Glaube an Gott präsentiert uns keine Patentlösung. Und doch kann er uns Hoffnung und Zuversicht, Trost und Kraft schenken. In Jesus Christus haben wir nicht nur ein Vorbild, dessen Fußstapfen wir folgen können, sondern vor allem auch einen Beistand, einen Hirten und Bischof, wie es der Predigttext sagt.

Ein Bischof behält die Über-Sicht, den Überblick. Er kann die Situation ein-ordnen und die Richtung weisen, in die es gehen soll. Ähnlich wie ein guter Hirte, der vorausschauend für seine Herde sorgt und sie mit seinem Hirtenstab führt. Genau das „würde Jesus auch heute tun“.

Wie ein Bischof hilft er uns, das Chaos in unserem Leben zu bewältigen, lässt uns aber auch Freiheit, die Schritte selbst zu suchen. Er zwingt uns nicht in seine Fußstapfen, aber wir haben in ihm ein Vorbild. Als guter Hirte aber gibt er Geborgenheit und Schutz. Er behütet und versorgt und steht uns bei. Nicht einseitig und blind folgen wir einer Spur. Es ist die Spur, die zum Leben führt.

Fürbittengebet

Herr, unser Gott,
du bist der gute Hirte. In Weisheit und Liebe leitest du uns.

In einer Zeit der Belastung und der Unsicherheit für die ganze Welt  
kommen wir zu Dir und bitten Dich:

für die Menschen, die mit dem Corona-Virus infiziert wurden und erkrankt sind;
für diejenigen, die verunsichert sind und Angst haben;
für alle, die im Gesundheitswesen tätig sind und sich mit großem Einsatz um die Kranken kümmern;
für die politisch Verantwortlichen in unserem Land und international, die Tag um Tag schwierige Entscheidungen für das Gemeinwohl treffen müssen;
für diejenigen, die Verantwortung für Handel und Wirtschaft tragen;
für diejenigen, die um ihre berufliche und wirtschaftliche Existenz bangen;
für die Menschen, die Angst haben, nun vergessen zu werden;
für uns alle, die wir mit einer solchen Situation noch nie konfrontiert
Herr, steh uns bei mit Deiner Macht, 
hilf uns, dass Verstand und Herz sich nicht voneinander trennen. 
Stärke unter uns den Geist des gegenseitigen Respekts, der Solidarität und der Sorge füreinander.

Gütiger Gott, du verbindest, leitest und führst uns durch deinen Sohn Jesus Christus zum ewigen Leben. Durch ihn loben wir dich, durch ihn beten wir dich an, durch ihn danken wir dir in deiner Kirche, jetzt und allezeit-

Amen.

Vaterunser

Bitte um Segen

Der Herr segne uns und behüte uns.
Der Herr lasse sein Angesicht leuchten über uns und sei uns gnädig.
Der Herr erhebe sein Angesicht auf uns und gebe uns + Frieden.

Lied „Weil ich Jesu Schäflein bin“

Gedanken zu Psalm 23

Der Hirte sorgt dafür, dass die Herde frisches Wasser und Gras findet und sicher weiden kann – und die Schafe wissen, wo sie hingehören und wo sie sicher sind. Gewiss hat das Bild auch seine Grenzen. Ich – ein Schaf? Wenn Sie in diesen Tagen zu einem Frühlingsspaziergang aufbrechen, kommt Ihnen vielleicht der Hirtensonntag in den Sinn. Wo haben Sie sich gut versorgt gefühlt? Wo hat jemand auf Sie geachtet? Wo wären Sie vielleicht auch gerne aus der Herde ausgebrochen?

Ich wünsche Ihnen einen gesegneten Sonntag und eine von Gott behütete Woche!